Hallo, Melancholia
"max Min" liefert der Welt wunderbare Songwriter-Kleinode.
Das Schöne an der Geschichte des Ende des letzten Jahrtausends begründeten Musikprojekts „the famous band lasch" ist ihre Brüchigkeit. Komponieren, Proben, Aufnehmen, Touren, Berühmtwerden - diese an sich im Musikgeschäft gut eingespielte Praxis hat lasch nie ganz ernst genommen. Trotz des zierenden Beiworts „famous" im Bandnamen. Zumindest nicht so ernst und so konsequent, dass daraus eine kontinuierliche Band-Erfolgsgeschichte entstanden wäre. Die Geschichte rund um die vier Gründungsmitglieder Gernot Eichmann, Stephan Taul, Max Tertinegg and Valentin Ruhry sowie die später dazu gestoßenen Petra Schuster und Andreas Pirchner hat sich zwar immer wieder einmal verdichtet - zu erstaunlichen Live-Auftritten und 2005 sogar zum sowohl auf Ebene der Quantentheorie als auch unter einem Pop-Aspekt hervorragend funktionierenden Album „The Principle of Superposition". Aber letztlich waren die einzelnen Teile immer ein wenig stärker als ihre Summe.
Und dieser Hang der Musiker zur extremen Selbstverwirklichung hat auch durchaus seine Vorteile, gab und gibt es auf diese Art doch eine ganze Reihe von bemerkenswerten Spin-off-Projekten aus dem losen lasch-Musik- und Lebenskollektiv - einige der Beteiligten teilen seit Jahren nicht nur den Probe- sondern auch den Wohnraum, derzeit am Grazer Lendkai. Gernot Eichmann hat dadurch zum Beispiel genügend Zeit, sich der theoretischen Physik und seinem Postporn-Trash-Projekt „Mach das Licht aus Mädchen" zu widmen, Valentin Ruhry Zeit und Raum für seine energiegeladene Kunst. Und Max Tertinegg dafür, der Welt als max Min wunderbare Songwriter-Kleinode zu schmieden. Sanfte, zugleich nachdrückliche Selbstermächtigungshymnen wie den „Easy Song", frei schwebende, swingende Soundtracks für Stadtflaneure („Girl in Paris") oder stille Popmomente für das kleine Glück („Bright ist the Silence").
„Das Innenleben nach außen kehren", ist Tertinegg wichtig, das hört man. Und um die wunderbare Leichtigkeit des Seins geht es auch auf den übrigen der elf Stücke, die auf dem im Frühjahr 2007 bei Kalinkaland erschienen, ersten max Min-Album zu hören sind, das Tertinegg während eines Kreativaufenthalts in Berlin ersonnen und praktisch im Alleingang eingespielt hat. Kurze Bekanntschaft mit Melancholia muss er in Berlin gemacht haben, manchmal Beatles gehört und immer wieder am Laptop mit lustigen Sounds experimentiert. Das muss ihn erbaut haben, denn in Verzweiflung kippt die Stimmung in keinem der Songs.
Der Laptop spielt im Übrigen nicht nur in Tertineggs Brotberuf eine größere Rolle - der ausgebildete Informationsdesigner wirkt als Webspezialist im Onomato-Kollektiv -, sondern auch bei seinem zweiten musikalischen Projekt, mit fiago, das er gemeinsam mit Markus Jausovec betreibt. Da wird der kleinste gemeinsam Nenner von Disko und Rock erforscht, das Ergebnis ist demnächst unter dem im Grazer Kunstbetrieb für reichhaltige Assoziationen sorgenden Titel „sun, tits and a hammer" auch auf CD nachzuvollziehen. Die noch dazu auf dem neuen eigenen Label Onofono erscheinen soll. Mit fiago soll es dann auch live eine Spur weniger besinnlich als bei max Min zugehen, enthemmte Bühnenshow und Wii-Action inklusive. Jeder Stimmung ihr Tempo, jedem Tempo seine Musik. Das findet sich im Alleingang zumeist besser als im trägen Kollektiv. Auch wenn Tertinegg manchmal ein wenig zweifelt: „Vielleicht wäre es für alle doch das Beste gewesen, einfach lasch zu stärken."
Weitere Infos:
Lasch >>
Fiago: www.myspace.com/fiago
Thomas Wolkinger, Dezember 2007