Aufbauarbeit im Kollektiv(*)
Die Grazer Gruppe RAM erforscht die Grauzone zwischen Kunst und Handwerk
Die Nachhaltigkeit von Graz 2003 wird bis heute durchaus kontrovers diskutiert. Eine Konsequenz hatte das Kulturstadtjahr allerdings auf jeden Fall: Es förderte das Entstehen eines künstlerisch-handwerklichen Netzwerkes, das anno 2003 insbesondere bei Ausstellungen mitarbeitete und aus dem Ende 2005 das Kollektiv RAM wurde. Mittlerweile eine Ansammlung selbstständiger KünstlerInnen und zugleich eine Non-profit-Organisation vereint RAM (zu deutsch „Arbeitsspeicher") den Technikspezialisten Stefan Beyer, die Video-Künstlerin Katharina Buschek, den Computer-Aficionado Alex D'Elia, den Grafiker Max Gansberger, den Architekten Martin Gansberger, den mysteriösen Guerrilla-Artist Arno T. Nym sowie Jakob Pock, Künstler und Erfinder aus Leidenschaft, Michi Posch, Grafik- und Sounddesigner, Verena Resch, Photographin und Barbara Sommerer, Expertin für Planung und Raumgestaltung.
Aus dieser Liste an AkteurInnen lässt sich ein Charakteristikum von RAM bereits herauslesen: Vielfalt. So führt man nicht nur eine eigene Werkstatt und organisiert Gruppenprojekte, sondern richtete in Wien auch ein privates „Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch" für den Arzt Christian Fiala ein. Waren es am Beginn ein Dutzend Objekte, die geordnet werden sollten, verfügt das Museum mittlerweile über einen Bestand von gut 2000 Exponaten.
In der ständig wachsenden Auflistung eigener Aktivitäten stechen vor allem subtile Auseinandersetzungen mit dem öffentlichen Raum und mit dem künstlerischen Schaffen anderer heraus. „Ex Eggs", eine zweieiige Hommage an Peter Weibel im Rahmen der Ausstellung „Phantom der Lust", ist eines dieser Projekte. Ein anderes nannte sich „Der springende Punkt" und hüpfte im Herbst 2006 in einer Vitrine vor dem Forum Stadtpark auf und ab. Die Möglichkeiten neuer Medien, aber auch Strategien des Guerrilla Marketings werden hier gezielt, wenn auch zuweilen paradox, eingesetzt. Und auch bei Auftragsarbeiten wie „Blase in die Ecke" für Hans Kupelwieser im Hof der Neuen Galerie ist deutlich zu spüren, dass den Mitgliedern von RAM ihre Kunst nicht zuletzt auch Spaß machen darf.
Bis dato finanziert sich RAM ohne öffentliche Subventionen aus Aufträgen, die zwischen Handwerk, Technik und Kunst anzusiedeln sind. Hier wird nach den Worten von Barbara Sommerer sehr bewusst an eine Tradition angeknüpft, die handwerkliche Prozesse als Teil des Inhalts, der Gestaltung und der Inszenierung der Werke begreift. Zusätzlich versteht sich das Kollektiv übrigens als selbst organisierte „Sozialversicherung". Soll heißen, wenn ein RAM-Mitglied eine private oder berufliche Krise erlebt, springen andere hilfreich ein.
Die nächsten Vorhaben von RAM sind die Ausstellung „In der Luft hängen", die bis 13. Jänner 2008 im Grazer Stadtmuseum zu sehen ist, die Teilnahme am Diözesanpreis der Minoriten in den Räumen des Priesterseminars und der „Salon", der jeden letzten Donnerstag im Monat bei RAM in der Schillerstraße 31, 8010 Graz stattfindet. Für 2008 hat RAM sich außerdem vorgenommen, das eigene Label über die bisher recht eng definierte Zielgruppe hinaus bekannt zu machen. Aufbauarbeit eben, wohin man schaut.
Wolfgang Kühnelt, 2008
Vom Schicksal vieler Künstlergruppen wurde RAM zu Beginn 2009 ereilt: Die Gruppe hat sich aufgelöst. Martin Gansberger und Max Gansberger arbeiten jetzt als freie Künstler im Atelierhaus Schaumbad in Graz. Andere Ex-Mitglieder des Kunstkollektivs haben sich auf Dienstleistungen im Kunstbereich spezialisiert.
Werner Schandor, 2011