Der coole Retro-Slacker
Mit schräger Stimmlage und lässig hingerotzter Rockmusik definiert Johann Zuschnegg alias Johnny Batard den Begriff Indie neu und stattet ihn mit einer Menge Stil und Haltung aus.
Geboren 1991 in Deutschlandsberg und aufgewachsen in St. Anna ob Schwanberg in der Südweststeiermark auf knapp 900 Meter Seehöhe, deutete vorerst nur wenig darauf hin, dass Johann Zuschnegg Jahrzehnte später vom Radiosender FM4 als „Slacker-König aus der Provinz" gefeiert werden würde.
„Ich bin spät zum Musikmachen gekommen. Ich begann erst mit achtzehn Jahren Bass zu spielen, als die Band meines Bruders Julian einen Bassisten suchte. Beim Studieren in Graz haben wir beide Gabriel Schmidt kennengelernt und mit ihm zusammen die „Kingsized Bastards" gegründet. In den Anfangszeiten haben wir regelmäßig Konzerte in unserem Stammkaffeehaus gespielt, Jacques Dutroncs „Et Moi, Et Moi, Et Moi" gecovert und den Britpop-Bands nachgeeifert. Indie ist meine Kultur. Indie war immer ein Teil von mir und wird es immer bleiben", sagt Zuschnegg im Gespräch.
Spielfreude und Optimismus
Das Solo-Projekt Johnny Batard entstand im Jahr 2017 aus pragmatischen Überlegungen. Der Song-Output war so groß, dass sich ein zweites musikalisches Standbein neben den Kingsized Bastards als naheliegende Lösung anbot. Das „Nebenprojekt" entwickelte sich prächtig und wurde fast ungewollt zum Vorzeigeprojekt der musizierenden Freunde. So erschien im Jahr 2020 das Debütalbum von Johnny Batard mit dem Titel „What Do You Want Me To Say?", während das erste Studioalbum der Kingsized Bastards, „Tropical Thunder", erst ein Jahr später im Sommer 2021 veröffentlicht wurde.
Zwillingsbruder Julian Zuschnegg und der Schlagzeuger Daniel Moick sind, wie Johann selbst, sowohl bei den Kingsized Bastards als auch in der Band von Johnny Batard tätig. Während die Kingsized Bastards mit einem stimmigen Mix aus Folkrock, Psychedelia und Surfpop-Klängen zu gefallen wissen, überzeugt Johnny Batard mit lässig hingerotzter ungeschliffener Rockmusik, die eine gewisse „Scheißdrauf-Haltung", fröhlichen Dilettantismus, große Spielfreude und erfrischenden DIY-Optimismus gekonnt miteinander verknüpft.
Johann Zuschneggs Rezept für einen gelungenen Indie-Song klingt einfach: „Mindestens drei Akkorde, eine lässig-einnehmende Melodie und repetitive Lyrics, die hängenbleiben. Beim Text ist mir auch wichtig, dass (Selbst-)Ironie, Sarkasmus und eine Prise Nihilismus vorhanden sind."
Musikmachen als Rollenspiel
Auf die Frage, wie viel Johann Zuschnegg eigentlich in der Kunstfigur Johnny Batard steckt, meint der Musiker: „Auf der Bühne stehen und Musik zu machen, bedeutet für mich auch, in eine andere Rolle zu schlüpfen und in eine alternative Daseinsform einzutauchen. Die sogenannte Indie-Szene bietet mir genügend Freiraum zum Ausprobieren und Experimentieren."
So spielt der von seinen Freunden immer korrekt Johann genannte Musiker nicht nur eine Rolle, sondern ganz bewusst auch mit ihr. Vorbilder und persönliche Helden hat der Steirer mit der markanten Stimme in großer Zahl. Es sind weniger die Lieblingsgruppen als vielmehr die prägenden Persönlichkeiten der Lieblingsbands, die Zuschnegg und seine Musik maßgeblich beeinflussen: Carl Barât („The Libertines") schätzt er für seine schmissigen Gitarren-Licks und seine Lederjacke, Albert Hammond Jr. („The Strokes") für seine vorpreschenden Akkorde und seinen Humor, Alex Turner („Arctic Monkeys") für seine einfallsreichen Lyrics und seine markante Stimme, Father John Misty für seine Selbstironie und Jacques Dutronc für sein entwaffnendes Lächeln und seine Leichtigkeit. Über allen aber thront der große Lou Reed, der alles in Personalunion vereint.
Die Würze der Songs
Trotz der großen Vorbilder und der vielen Einflüsse ist die Musik, die Johann Zuschnegg als Johnny Batard produziert, ganz eigenständig und wegen seiner schrägen Stimmlage nachgerade unverwechselbar. Die charmante Lo-Fi-Mischung aus Indie- und Garage-Rock überzeugt mit ungezügelter Spielfreude und hörbarem Enthusiasmus für das Musikmachen. Das Unfertige und das Hingerotzte, das Ungeschliffene und das Lässige, das Aufgekratzte und das Widerborstige sind die Würze seiner Songs.
Vom Erfolg seines Debütalbums „What Do You Want Me To Say?" zeigt sich der mittlerweile in Wien lebende Musiker durchaus überrascht. Einerseits, weil die Veröffentlichung des Debütalbums während des ersten Pandemie-Jahres aufgrund der fehlenden Release-Konzerte als suboptimal bezeichnet werden kann. Und weil Johann Zuschnegg weiß, dass man als Musiker im Indie-Bereich in Österreich Ausdauer, Geduld und Beharrungsvermögen benötigt, um Gehör zu finden und dauerhaft Erfolg zu haben. Wobei Zuschnegg „Erfolg" so definiert: „Kritiker-Zitate wie ‚Die beste Schallplatte der Welt der Woche‘ im ‚Falter‘ oder ‚Man lehnt sich zurück und genießt es einfach nur, ein herausragendes Album zu hören‘ auf FM4 waren für mich so etwas wie ein Ritterschlag."
Ein Label von Freunden für Freunde
Weil er von seiner Musik allein (noch) nicht leben kann, verdingt sich Zuschnegg im sogenannten Brotberuf als selbstständiger Grafikdesigner. Er hat nicht nur Geografie studiert, sondern auch Informations- und Ausstellungsdesign an der FH Joanneum. Zusammen mit Gabriel Schmidt und Raffael Jessner betreibt Zuschnegg das Label „Post Office Records", das nach dem Roman „Post Office" von Charles Bukowski benannt ist und mit DIY-Charme erfreut. Oder wie Zuschnegg selbst meint: „Ein Label von Freunden für Freunde!"
Das Thema Freunde erwähnt Johann Zuschnegg auch, wenn man ihn darauf anspricht, was er mit seiner Musik erreichen will: „Sollte der ‚große Erfolg‘ ausbleiben, sehe ich das ganz entspannt. Ich hatte und habe auf jeden Fall eine gute Zeit mit meinen Freunden, und wir haben mit großer Freude zusammen Musik gemacht, die nicht ungehört blieb."
Das zweite Johnny-Batard-Album mit dem Arbeitstitel „Whatever" liegt im Frühjahr 2022 eigentlich schon für eine Veröffentlichung bereit. Was noch fehlt, ist etwas Geld für Produktion der Tonträger und Vertrieb der Songs. Wenn erfrischende Unverwechselbarkeit und lässige Eigenständigkeit Kriterien bei der Vergabe von Fördergeldern sein sollten, müssten die (noch ausstehenden) Förderungen von Land und Bund obligatorisch sein.
Weblinks:
https://johnnybatard.postofficerecords.com/
https://kingsizedbastards.postofficerecords.com/
Diskographie:
Johnny Batard:
- „What Do You Want Me To Say?" (LP, 2020)
- „Uh Tata!" (EP, 2021)
Kingsized Bastards:
„Tropical Thunder" (LP, 2021)
Heimo Mürzl
Stand: Februar 2022