Es ist, wie es ist: da

Sarah Godtharts Menschenmalerei bleibt verlässlich und tief beeindruckend in Erinnerung haften. Egal, ob es sich um Kleinformatiges im Tagebuch handelt oder um Wandflächendeckendes.

Sarah Godthart
Sarah Godthart© Michael Klamer

Solche Pinselstriche kennt man - kräftig und wild in Farbe und Form -, doch diese Szenen, diese Bildausschnitte, diese Gemälde sind eindeutig und ausschließlich: Sarah Godthart. Manches, das die Wände und Staffeleien ihres Ateliers inmitten der Grazer Altstadt bedeckt, scheint sich zurückhaltend oder auch etwas spröde dem Blick zu entziehen, doch der Schein trügt ungemein. Ihre Bilder bleiben verlässlich haften, und zwar genau so selbstverständlich, wie sie da sind, und auf dieselbe Art zweifellos, wie die Künstlerin seit nunmehr Jahrzehnten ihre Kunst praktiziert.

Sarah Godthart, die in jungen Jahren für einen Job aus Villach nach Graz gekommen war, kann vieles, das über ihre Kunst gesagt oder geschrieben wird, gelten lassen. Eine eigene Bezeichnung für ihren Stil hat sie nicht. Mit den Worten „das machen andere" kann sie Einordnungen mit großer Gelassenheit beiseiteschieben. Dass ihre expressive Kunst Kraft und Selbstbewusstsein ausstrahlt und verleiht, darüber bestehen auch für sie keinerlei Zweifel. Sie, die auf jede Frage sehr überlegt antwortet, nickt spontan. Für Godthart muss die Arbeit mit der psychischen Wirkung übereinstimmen, „es ist wichtig, dass spürbar wird, was darunter ist". Mag auch einiges verrätselt scheinen - was an Gefühl und Stimmung in ihrer Malerei transportiert wird, entzieht sich sowieso dem Kopf. Was sich hier dem Menschen präsentiert, beeindruckt tiefer. Wahrscheinlich auch deshalb, weil der Mensch an sich Godtharts Thema darstellt. „Wenn ich eine Landschaft male, fehlt mir etwas." Das Psychische, die Interaktion, das Abgründige, das Wesen - all das ist für sie stets faszinierend. Tiere, die manchmal in den Bildern auftauchen, verstärken symbolhaft, was an Menschlichem dargestellt wird. Gerne lässt sie sich selbst von ihren Psychogrammen „überraschen", und wenn ein Bild für sie nicht stimmig ist, übermalt sie es meist (nachdem sie es umgedreht hat). Es folgt „ein kleiner Kampf - es ist schwierig und eine Herausforderung, Teile des alten Bildes scheinen oft durch", schildert sie dieses Ringen. Überhaupt: Mit konkreter Vorstellung wird es „sowieso nix". Stichwort: Überraschung.

Selbstbewusst und kraftvoll

Godthart wurde an der Grazer Kunstgewerbeschule in Keramik und Ofenbau ausgebildet, alle Maltechniken erarbeitete, erlas und erfragte sie sich selbst. Tempera, Öl und Aquarell können sie im Endergebnis überzeugen, dem farblich ermattenden Acryl hat sie mittlerweile abgeschworen: „Es ist am Ende doch Plastik, der Farbkörper ist nicht da." Das textile Schaffen - sie stattete einige Grazer Bühnenwerke, unter anderem im Opernhaus und im Forum Stadtpark, mit Kostümen aus - blieb ein zeitlich begrenzter Ausflug. Die erste Personale der freischaffenden Malerin fand 1983 im damaligen Ecksaal Joanneum in Graz statt, und eine sehr lange Liste an Ausstellungsbeteiligungen und Einzelausstellungen in Wien, Florenz, Leipzig, New York City, Poitiers und auf Krk entstand nach diesem Startschuss. Dass sie sich zu Hause eher als „Geheimtipp" empfindet als in New York, wo ihr mehr Beachtung geschenkt wird, bringt sie zum Lächeln. Und dass ihr die Tatsache, dass sie meist Frauen malt, bereits zur Last gelegt wurde („natürlich von Männern"), darüber kann sie nur schmunzeln. Wieso sollte sie deshalb denn „frauenbewegt" oder eine feministische Aussage tätigen wollen, es ist, was es ist: Frauen. So selbstverständlich und selbstbewusst und kraftvoll, wie sie da sind und sich zeigen. Für manche offenbar „bemerkenswert".

Ein Gemäldejuwel nach dem anderen

Sarah Godtharts Atelierwelt zeigt sich kunterbunt und auch nostalgisch, denn Ausflüge zu Flohmärkten gehören ganz offensichtlich ebenso zu ihrem Leben wie das geliebte Reisen: Ob Shanghai, Tokyo, New York oder Irkutsk, „es bleibt immer etwas hängen, wenn man von Eindrücken überschwemmt wird und selbst fremd ist". Obwohl sie bereits als DJane Platten auflegte („von Klaus Nomi bis alles"), dient ihr Musik nicht unbedingt als Inspirationsquelle für die Malerei. Das bleiben die Menschen rund um sie. Selbst, wenn sie sich wie in ihren jüngsten Gemälden „abwenden und sich auf den Weg machen". Sie selbst bleibt auf dem Weg - bei dem, der ihr gegeben ist, der ihr aber genügend Freiheit lässt, sich in verschiedenste Richtungen zu entfalten. „Es ergibt sich immer wieder was Neues", weiß die Künstlerin, die zum Abschluss unseres Gesprächs in ihrem faszinierenden, weil gemalten Tagebuch blätternd eigene Erinnerungen wachrüttelt. Ein Skizzenbuch? „Nein, ich mache keine Skizzen."
... Ein kleines Gemäldejuwel nach dem anderen.

 http://www.sarah-godthart.com

Claudia Rief-Taucher
Stand: Jänner 2018

 
 

Amy - Auarell/ Farbstifte, 31,5 x 23 cm (2016)Bienenkönigin - Graphit, Öl/Lwd.,165 x 140 cm (2017)•Blinde Kuh – Eitempera/Lwd., 112 x 86 cm (2012)•Catch the Sun – Öl/Papier 79 x 58 cm (2011)•Disput – Öl/Papier, 29 x 41 cm (2015)•Double Face – Tempera/Papier 77 x 56 cm (1999)•Into the Light – Öl/Lwd., 165 x 140 cm (2017)•Move – Öl/Archespap., 31,5 x 23 cm (2011)•Sturm – Öl/Papier, 23 x 22 cm (2016)•Sybill – Graphit/Pap. 35 x 41 cm (2017)•Wölkchen – Öl/Lwd., 41 x 42 cm (2015)
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