Bildgeschichte
Der Fotograf Mateo Moém inszeniert historische Lebenswelten und lichtet sie an originalgetreuen Schauplätzen ab. Bei internationalen Wettbewerben werden seine Aufnahmen prämiert und bestaunt. In der Steiermark kennt man sie noch kaum.
Im Jahr 2013 wird aus dem Grazer Mathias Kniepeiss erstmals Mateo Moém. Kniepeiss, unter anderem erfolgreicher Sport-, Werbe- und Industriefotograf, realisiert unter seinem spanisch-französisch klingenden Künstlernamen ein erstes Projekt nach seinen ganz eigenen Vorstellungen. Geschichtliche Szenen werden minutiös nachgezeichnet, wobei ein eigenes Team, zu dem Visagistinnen ebenso gehören wie eine Kostümexpertin, wesentliche Unterstützung liefert. Gezeichnet und gemalt hat der Grazer schon als kleines Kind, nun sieht er die Chance, klassische Malerei mit Fotografie zu verbinden. Moém, der Name ist zusammengesetzt aus den Vornamen seiner beiden Töchter, sagt über sein Faible für Historie: „Ich bin fasziniert davon, wie sich die Dinge im Lauf der Zeit wiederholen. Manches ist heute fast gleich wie vor 200 Jahren. Das Visuelle ändert sich, nicht aber das Verhalten der Menschen."
Das Werk lässt sich derzeit weder zeitlich noch thematisch eingrenzen und Moém hat auch kein Interesse daran, dieses zu tun. Nach einer Serie über das Leben im Rokoko folgen Bilder im Mafia-Stil und zuletzt eine Hommage an den genialen Techniker Nikola Tesla, der in Graz an der TU inskribiert war. Wichtig ist dem Fotografen die Annäherung an das Original. Das Lebensgefühl der handelnden Personen muss ebenso stimmig sein wie sämtliche Details an der Kleidung, der Haltung und der Ausstattung. So wurde für die Aufnahmen an der TU eine Tesla-Spule aus dem Jahr 1891 aus dem Keller geholt und von den Professoren wieder in Gang gesetzt.
Keinesfalls sollen allerdings bereits vorhandene Werke der Kunstgeschichte nachgestellt werden. Moém legt großen Wert darauf, eigenständige Bildkompositionen zu schaffen. Jede der Serien hat eine Chronologie in sich, meist handelt es sich um einen kompletten Tagesablauf. Etwa im Falle des Rokoko kommt zuerst der dezente Tanz, dann die Völlerei und letztlich die - auch sexuelle - Ekstase.
Das Ambiente ist neben der Lichtsetzung, der Maske, der Inszenierung der zwischenmenschlichen Handlungen und den Kostümen ein weiterer entscheidender Faktor in der Vorbereitung. Vom Schloss in Stainz über die Hochspannungshalle der TU Graz bis zur Bar im original 1930er-Stil in Wien reichen die Settings bislang, doch Moém denkt größer. An die 20 Projekte trägt er in seinem Kopf, sagt er. Es wird Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, um diese zu realisieren. Aber: „Mich drängt in diesem Bereich nichts. Ich bin in der Relation sehr jung, das versichern mir auch internationale Galeristen und Künstler immer wieder."
Die Resonanz außerhalb von Österreich ist in der Tat bemerkenswert. Der Fotograf, der einst in Graz das BORG Monsberger noch vor dem Abschluss verlassen hatte, wurde bei der Art Basel Miami 2014 zum „Young Artist of the Year" auserkoren, gewann im Jahr darauf 4 Preise bei der PX3 Competition in Paris und den CIDPAE China International Photography Art Gold Award. Sammler aus aller Welt sind mittlerweile neugierig geworden auf den ungewöhnlichen Fotokünstler aus Europa, der Geschichte mit offenherzigen Inszenierungen verbindet, wie man sie sonst am ehesten noch von Pop-Künstler David LaChapelle kennt.
Nicht nur in der Gestaltung seiner Aufnahmen, auch in der Vermarktung möchte Moém freilich seine eigenen Wege gehen. „Ich habe schon zwei auf den ersten Blick vielversprechende Deals mit Galeristen ausgeschlagen, weil ich meine Freiheit behalten will", sagt er. So führt er lieber selbst Gespräche mit interessierten Sammlern, die die streng limitierten Bilder sowohl als Einzelwerk als auch in der kompletten Serie erwerben können. Für die nahe Zukunft plant Mateo Moém eine Ausstellung im Ausland, betont aber: „Ich rede zwar an sich sehr gerne über zukünftige Projekte, habe aber im Lauf der Jahre gelernt, es besser manchmal nicht zu tun."
Wolfgang Kühnelt
Stand: September 2017