Der Klang der Stimme
In seinen Musiktheaterwerken lotet Reinhold Schinwald die musikalische Substanz der menschlichen Stimme aus.
Reinhold Schinwald, 1977 in Salzburg geboren, studierte zunächst Elektrotechnik-Toningenieur, das von der Technischen Universität Graz und der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz gemeinsam durchgeführt wird. Im Anschluss studierte er Musiktheorie bei Christian Utz und Komposition bei Beat Furrer. Neben seiner komposi-torischen Tätigkeit ist Reinhold Schinwald regelmäßig als Klangregisseur und Interpret von Arbeiten mit Live-Elektronik sowie elektroakustischer Kompositionen zu erleben. Diese beiden Tätigkeitsfelder ergänzen sich trotz ihrer unterschiedlichen Herangehensweise und Funktion. Praktische Erfahrungen aus der Interpretenperspektive des Klangregisseurs beeinflussen den Komponisten in seinem Musikdenken und im Umgang mit Material und Form.
Musikdrama
Ausgangspunkt für Schinwalds jüngere musikdramatische Konzeptionen sind die körperlichen Aspekte des Sprechens auf der Bühne. Die prinzipielle Fragestellung, warum, wie und wann gesungen oder gesprochen wird, bestimmt für ihn das Verhältnis zwischen Sprache, Stimme und Körper entsprechend den Textinhalten und berührt schließlich auch die Konzeption der instrumentalen Anteile seiner Werke.
Schinwald verwendet elektronische Analysemethoden, um klangliche Eigenschaften und Prozesse oder rhythmische und harmonische Zusammenhänge sichtbar zu machen: „Intention der Klanganalyse eines Textes ist es, eine musikalische Struktur zu gewinnen, die eine Kohärenz zum Textmaterial aufweist und es ermöglicht, die klanglichen Anteile des gesprochenen Textes kompositorisch zu bearbeiten. Die Projektion von lautlichem Material ins Ensemble überformt den Text und fügt ihm eine Klanghaut oder Klanghülle hinzu, die mehr oder weniger fest sitzt und die Semantik in unter¬schiedlichen Graden absorbiert oder unterstützt."
Schinwalds Interessen sind weit gefächert: Diskurse in Politik, Literatur, Philosophie und Bildender Kunst prägen seine künstlerische Persönlichkeit und Arbeit. „Kunst, die nur für sich selbst steht, ist mir zu wenig. Ich weiß nicht, ob man als Künstler eine spezielle Verantwortung hat, auf jeden Fall ist man selbstverständlich auch Teil einer sozialen Welt und Umwelt, und als solcher muss man auch eine Haltung demgegenüber einnehmen, was sich als Welt darstellt. Aus dieser Haltung heraus bestimmt sich auch das Handeln. Daraus ergibt sich eine Verantwortung, die jeder Mensch wahrnehmen muss - oder zumindest sollte. Das tut natürlich nicht jeder mit der gleichen Intensität, aber ich denke schon, dass Künstlerinnen und Künstler eine speziellere Verantwortung haben und im Grunde immer auf der Seite der Erniedrigten zu stehen haben. Eine kritische Grundhaltung gegenüber dem politischen Geschehen ist Grundbedingung für die Bildung eines kritischen Bewusstseins, das ich bei Kunstschaffenden sowieso als selbstverständlich voraussetze."
Zukünftige Projekte
Gemeinsam mit Gina Mattiello gründete Reinhold Schinwald das „büro lunaire", das Programme und Projekte in den Bereichen Musik und Theater entwickelt und kuratiert. Im Moment arbeitet er an der abendfüllenden Oper „mundtot", basierend auf der Opernminiatur „fremd körper". Im Herbst 2016 wird in Berlin ein für die Klarinettistin Petra Stump geschriebenes Werk für Bassklarinette und Live Elektronik uraufgeführt.
https://soundcloud.com/reinholdschinwald
Denovaire
Stand: Mai 2016