Die Metamorphosen des Clemens Neugebauer
Clemens Neugebauer bewegt sich erfolgreich in unterschiedlichsten künstlerischen Metiers. Er ist Bildhauer, Musiker, Komponist, Maler, Designer, Erfinder, Sachverständiger. Und vor allem: Was Clemens Neugebauer macht, das ist nicht österreichisch irgendwie und ein bissl da und da, sondern das ist immer hoch professionell.
Malerei studierte Clemens Neugebauer, Jahrgang 1954, an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Wolfgang Holegha, und dort hat er auch das Lehramt gemacht. Doch in der Schule hält es ihn nicht lange. Er steigt aus und wird Landkommunarde. Aber auch dafür braucht man Geld. „An irgendwas mit Kunsthandwerk hab ich gedacht. Aber gute Keramiker gibt's viele. Also hab ich damit begonnen, moderne Kachelöfen zu kreieren." Dafür erhält er auch ein Patent. Das Geschäft geht gut, bloß bleibt wenig Zeit für Familie, Schafzucht und Biogemüse. Er ist ja schon verheiratet und hat zwei Kinder. Also neuerlicher Boxenstopp als BE-Lehrer am BRG Leoben. Und weil Clemens Neugebauer auch Klavier und Klarinette spielt und bereits mit 15 komponierte - auch seine ersten Auftritte als Pianist hatte er bereits mit 17 -, wendet er sich nun auch wieder verstärkt der Musik zu, studiert Harmonielehre, Kontrapunkt und Komposition.
1997 gewinnt Clemens Neugebauer den österreichischen Folk-Förderpreis mit dem von ihm gegründeten Sextett „ Classic Jazzmer". Es folgen die CDs „Majn Mamme´s Nigun" (2000), „Transcult" (2001), Kompositionspreis und CD für „Die Beschränkung der Vielfalt ist eine Strategie der Einfalt"( 2000) sowie als Herausgeber die CD „Gideon Roehr - A Master Of The Viola" (2004). Bis 2012 entstehen 100 Kompositionen, darunter „Konzert für Altsaxophon und Streichorchester" (2001), das Musical „Kinder vom verlorenen Stern" (2003) und „18392 Noten für Posaune und Orchester" (2011) für Dietmar Küblböck, den Soloposaunisten der Wiener Philharmoniker.
Wie Monumentalskulpturen entstehen
Clemens Neugebauer ist also nicht nur spontan und begeisterungsfähig, sondern auch zäh und konsequent. Ein Praktiker, Tüftler und Erfinder ebenso wie ein kreativer Visionär und prozessorientierter Stratege. Der nun seinen Schwerpunkt von der Musik zur plastischen Gestaltung verlagert. Von 2004 bis 2012 arbeitete Neugebauer gemeinsam mit Martin Kölldorfer an der Großskulptur „Bulle aus Stahl" für den Red-Bull-Ring in Spielberg.
Die Werkstatt von Clemens Neugebauer befindet sich in einer Halle schräg hinterm Leobner Zentralfriedhof. Themengerecht empfängt einen dort auch gleich ein überdimensionaler Totenschädel.
Virtuell und detailliert kann man einen Besuch auch auf der Homepage von Clemens Neugebauer, www.clemensneugebauer.at, nachvollziehen. Ok, Kaffee kriegt man im Netz keinen, aber einen gut dokumentierten Einblick in die Arbeitsverfahren, die vor allem auch Künstler interessieren werden, die im plastischen Bereich arbeiten, und auf der Suche sind nach neuen technischen Möglichkeiten, um auch sehr große Skulpturen zu realisieren. In der Werkstatt sehe ich zum ersten Mal einen 3D-Scanner live, wie er arbeitet und welches Ergebnis man erzielt, wenn man z. B. einen Porträtkopf, ohne gestalterischen Eingriff, direkt in 3D scannt. Die Intention von einem, der einen solchen Porträtkopf von sich anfertigen ließ, soll nicht unerwähnt bleiben: „Jetzt wissen die, die mich mögen, in alle Ewigkeit, wie ich ausschau‘, und die, die mich nicht mögen, auch." Zwar ist die Dimension der 3D-Scans beschränkt, doch lässt sich das Modell mittels CAD-Datei beliebig vergrößern.
Denn auch einen Fräsroboter hat sich Clemens Neugebauer angeschafft. Ist erst ein Positiv aus Styropor angefertigt, so kann das nun in Beton oder verschiedensten Metallen gegossen werden. Das Prinzip beim Metallguss ist gleich wie beim Wachsausschmelzverfahren, nur wird das Wachs durch Kanäle abgeleitet, während das Styropor direkt in den Formsand verdampft. Natürlich ergeben sich die meisten Aufträge im Bereich Bühnenbild (z. B. für die „Aida" in St. Margarethen), Design für verschiedenste Anwendungen (von Möbel bis zu Gestaltungen in Natur- und Freizeitparks), aber insgesamt ist die Werkstatt von Clemens Neugebauer ein interessanter Umschlagplatz im Spannungsfeld zwischen künstlerische Ideen und deren professioneller Realisierung, gerade auch im öffentlichen Raum und in großen Dimensionen.
http://www.clemensneugebauer.at/
Erwin Michenthaler
Stand: Juli 2015