„Ein weißes Blatt Papier ist eigentlich schon perfekt.“
Die Persönlichkeit des steirischen Künstlers Günter Schimunek ist so bunt, vielschichtig und nahezu unfassbar wie seine Werke.

Schon seit Jahrzehnten gestaltet der heute zwischen Graz und Indien pendelnde Lebenskünstler, die Facetten der heimischen Kunstszene auf unterschiedliche Weise mit. Dabei gilt: Schimunek war immer schon ein bisschen mehr als ein bloßer Vertreter seiner Kunst.
Günter Schimunek wurde während der Kriegswirren im Jahre 1942 in Graz geboren. Trotz zahlreicher Reisen im In- und Ausland ist er seiner Heimatstadt immer treu geblieben. Konkret haben vor allem künstlerische Projekte, aber auch die Sehnsucht nach Abenteuern das ‚Phantasie-Genie‘ Schimunek nicht nur in die Schweiz, Deutschland oder Ungarn geführt, sondern hatten auch zur Folge, dass der Steirer heute, gemeinsam mit seiner Gattin Hedi Wasserthal, abwechselnd in Indien und Österreich lebt. Den Beginn seiner künstlerischen Laufbahn kann man in den 1960er Jahren ansetzen, als der junge Günter Schimunek beschloss, Fotograf zu werden. Eine Entscheidung, aus der sich vielleicht auch die Idee zur Kombination von Collagetechnik und Malerei ergeben hat, für die der Künstler bis heute bekannt ist. Neben seiner frühen Berufswahl gibt es noch einen weiteren Aspekt zu nennen, der Schimuneks Wirken wesentlich mitgeprägt hat: der ständige Austausch mit Kollegen und Freunden, zu denen neben Werner Schwab, Günter Brus und Helmut Eisendle zahlreiche andere namhafte Kunstschaffende der Nachkriegszeit zählen.
Einer für alle, alle für einen
Schimunek ist seit Beginn seiner Karriere nicht nur Künstler, sondern auch Kritiker, Schwärmer und Provokateur. Die Topografie seines künstlerischen Kosmos setzt sich also aus verschiedenen gedanklichen Standpunkten zusammen, deren unzählige Kombinationsmöglichkeiten das scheinbar unerschöpfliche gestalterische Inspirationsrepertoire des Künstlers bilden. Indem er versucht die einzelnen Positionen seiner künstlerischen Gedankenwelt in sich zu vereinen, hat Schimunek im Laufe der Zeit eine ganz eigene Form des Ausdrucks entwickelt. Jedes einzelne Werk steht für sich selbst und bildet ein Stimmengewirr ab, das sein Œuvre zu einem Sog werden lässt, der den Betrachter in unterschiedlichste Welten entführt. Vielleicht ist es der eben beschrieben sprachliche Aspekt seiner Werke und damit das narrative Potenzial vieler seiner Arbeiten, die die intensive Zusammenarbeit von Günter Schimunek und Werner Schwab förderten. Eine Symbiose, die nicht nur aufregte, sondern mit ihren unkonventionellen Herangehensweisen an die Kunst vor allem bewegte und die Menschen dazu zwang, aus ihren gedanklichen Schattenwelten auszubrechen.
Einer Sprache gleich und trotzdem ohne Worte
„Ein weißes Blatt Papier ist eigentlich schon perfekt", sagt Günter Schimunek im Gespräch. Ein Gedanke, in dem sich die Wertschätzung des Künstlers gegenüber seinen Projektionsflächen ausdrückt. Jeder Versuch, sich der Kunst zu nähern, bedeutet eine neue Herausforderung für den Grazer, dessen Schaffen gleichzeitig von der Achtung des Vorhandenen und dem Ausloten aller Möglichkeiten geprägt ist. Es ist ein Schaffen, das keine Grenzen kennt und das damit, aus Sicht der Kunst, den Inbegriff von Bewegungsfreiheit darstellt. Das heißt: Schimunek ist ein künstlerischer Anarchist. Er folgt keinen Regeln, lässt sich in keine Schublade pressen und hält sich damit alle Möglichkeiten offen, sich selbst und den Betrachtern seiner Werke immer neue Zugänge und Perspektiven auf diese und andere Welten zu eröffnen. Jedes Werk wirkt dabei immer wie ein Fragment, das zum Staunen, zum Grübeln, oder zum Schwärmen verleiten und uns gleichzeitig daran erinnert, das unser Leben niemals mehr sein wird als eine einzige perspektivische Darstellung einer viel größeren Wirklichkeit.
Barbara Jernej
Stand: August 2014
Erstveröffentlicht in der Kulturzeitschrift „Achtzig"