Die Bild-Achse des Schönen
Der Fotokünstler Reinhard Sock macht sich die Pop-Art zu eigen.
Genau erinnern kann ich mich nicht daran, wann und wo ich „Foso" - den Fotografen Reinhard Sock - zum ersten Mal wahrgenommen habe; es dürfte wohl dort oder da während einer der vielen Grazer Vernissagen gewesen sein. Als ich dann aber irgendwann, ohne es gleich zu registrieren, selber vor seine Linse geriet, und er mir via Facebook Porträtfotos schickte, da war es passiert: Ich war festgehalten, er zeichnete mein Profil mit, ich zirkuliere im Netz - auch gesehen durch seine Augen ...
Auffällig ist Reinhard Socks unauffällige Methode des Schnappschusses, wenn er z. B. während einer Vernissage durchs Publikum flaniert, die Leute anlächelt und zugleich den Auslöser der Kamera drückt, ohne durch den Sucher zu schauen oder aufs Display zu blicken. Kein Wunder, dass so quasi aleatorische Kadrage stattfindet, dass Bildausschnitte wechseln, dass erst in der Nachbearbeitung exakt bestimmt wird, was wir wie zu sehen und zu „lesen" bekommen. Nicht umsonst macht Reinhard Sock manchmal quadratische Bilder oder wählt das Format 5:1 (genannt „Fosoid").
Der Mann, der sich an der Schnittstelle zwischen Licht und Fotografie verortet, erblickte das Licht der Welt am 21. Juli 1959 um 13:10 Uhr in der Schanzelgasse zu Graz. Schon im Alter von sieben Jahren erhielt er vom Vater, einem Fotokünstler seiner Zeit, die erste Kamera geschenkt, eine „Exakta Varex", mit der er schon bald begann fotografisch zu experimentieren. Reinhard Socks heute 95-jährige Mutter arbeitete damals in der funktionellen Pathologie der Karl-Franzens-Universität Graz, und so hatte der junge Foso Zutritt zum Fotolabor, in dem er seine ersten Schwarz-Weiß-Filme selbst entwickelte und mit der Ausarbeitung von großformatigen S/W-Fotografien begann.
Seit rund zehn Jahren zeigt Reinhard Sock seine Fotoarbeiten der Öffentlichkeit durch Ausstellungen im In- und Ausland, z. B. in Graz, Wien und Berlin (2008/10) oder Paris (2009).
Entlang Fosos Bild-Achse des Schönen seien hier auf ein paar aktuellere Projekte verwiesen, für die Reinhard Sock - im Brotberuf IT-Techniker - jeweils auch Projekthomepages angelegt hat: Seit 2012 liegt der Fokus seines fotografischen Schaffens auf seinen „Transformationen", das sind künstliche Spiegelungen, die über selbstgebaute Reflektoren sehr abstrakte Formen- und Farb-„Kompositionen" bewirken, wobei die Ergebnisse - obwohl man das meinen könnte - nicht digital nachbearbeitet werden. ( http://www.pop-art.at/TRANSFORMATIONEN_2014/)
Auf das „Ping-Pong"-Projekt aus 2008, das in Unterpremstätten bei Graz bzw. in Berlin-Wedding gezeigt wurde, möchte ich ein wenig näher eingehen. Das Ausstellungskonzept beruht auf Variationen, Kontrasten und Partnerschaften. Die Schnittstelle ist die Fotografie von Reinhard Sock. A3-Prints mit einer Farbtiefe von 2 Bit (Schwarz/Weiß) werden vom jeweiligen „Partner" mit Motiven des anderen an die Wand getackert und ergeben so eine Gesichts-Landschaft („Das geistige Biotop"). Indem sich das Publikum dieser interaktiven Performance die Fotografien aussuchen muss und den Platz dafür frei wählt, ist es gezwungen, sich mit dem Partner auseinanderzusetzen, ihn zu begreifen und einen geeigneten Platz für ihn suchen. Der Effekt: Work in progress und Work in motion zugleich. Weitere Infos: http://www.pop-art.at/B1/ und
http://www.pop-art.at/B2/
Wenn es einen zentralen Begriff für Fosos Fotoarbeiten gibt, dann den der Pop-Art. Im Sinne der Reduktion von Details und Farbverfremdung der dadurch entstehenden Flächen transformiert Foso sowohl Porträts als auch Stadtansichten zu Pop-Art-Fotografien. Die kann man sich, wenn gewünscht, übrigens auch auf Lampenschirme applizieren lassen.
Noch tiefer eintauchen ins Fotouniversum des Reinhard Sock kann man auf seiner Website: http://www.foso-art.com/
Heinz Trenczak
Stand: Mai 2014