Die Kraft des Wucherns
Die Projekte des steirischen Künstlerinnenduos RESANITA bestechen durch Einfallsreichtum und künstlerisches Feingefühl.




Gekonnt werden Themen der modernen Gesellschaft mit der Wahrnehmung von Tradition verflochten. Das Ergebnis sind unaufdringliche künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum, die Betrachter unterschiedlicher Lebenswelten sanft, doch entschieden in ihren Bann ziehen.
Die steirischen Kunstschaffenden RESA Pernthaller und ANITA Fuchs bilden seit 1995 ein kreatives Gespann. Nach mehrjähriger intensiver Zusammenarbeit im Gestaltungsbereich verlagerte sich das Interesse der beiden Frauen immer stärker in Richtung Kunst. Vor allem die Sehnsucht nach mehr Tiefgang in ihrer Arbeit inspirierte die beiden letztlich dazu, sich 2003 zum Künstlerinnenduo RESANITA zusammenzuschließen. Neben zahlreichen Aufträgen in Österreich haben die beiden Steirerinnen unter anderem Projekte in Russland und Deutschland realisiert.
Kunst als Kreativität mit Tiefgang
Thematisch kreisen die Arbeiten des Duos vorwiegend um die Bedeutung von Schutzräumen, die Natur als Sehnsuchtsobjekt, die Migration, das Abschiednehmen und Ankommen, aber auch um die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Letzteres ist ein besonderes Anliegen der beiden Künstlerinnen. Doch wer meint, RESANITAS Arbeiten als „Frauenkunst" abtun zu müssen, sollte einen genauen Blick darauf werfen. Was ist „Frauenkunst" überhaupt? Nicht ohne sich ein Schmunzeln verkneifen zu können, wird ein aufmerksamer Beobachter Zeuge des feingeistigen Schaffens zweier temperamentvoller Künstlerinnen, die gekonnt mit den Stereotypen des Weiblichen spielen und damit den Blick auf das Wesentliche im Zusammenhang mit dem Thema Frau-Sein schärfen.
Ein Objekt der Begierde
In einem Großteil ihrer Werke schaffen RESANITA einen direkten oder indirekten Naturbezug. Während einige Arbeiten darauf warten, in freier Wildbahn entdeckt zu werden, kommen in urbanen Installationen oft natürliche Materialien zum Einsatz, um die Natur als Sehnsuchtsobjekt nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Dabei gilt für die Künstlerinnen: „Die Kraft des Wucherns ist eine Metapher der Freiheit, der Selbstbestimmung, der Rückeroberung und der unerschöpflichen wie unkontrollierbaren Kraft der Erneuerung."
Ansätze für ein Ende vom Ende?
Astrid Kury, Präsidentin der Akademie Graz, versteht RESANITAS Installationen als „ironische Störmaßnahmen im Alltag des sozialen und urbanen Raums". Sie nimmt damit Bezug auf die in den vergangenen Jahren von RESANITA initiierten temporären „Spontanlokale" zum Thema Liebe und auf ihre Aktionen gegen physische, emotionale und mentale Obdachlosigkeit. Im Zentrum dieser Projekte standen Fragen nach der Bedeutung von Intimität, vom Platz-Ffinden in der Welt und der Entfremdung des Einzelnen von der Gesellschaft und sich selbst. Das Künstlerinnenduo verschafft sich seine Aufmerksamkeit dabei nicht durch lautes und provokatives Geplänkel, sondern interpretiert einfallsreich und sensibel gesellschaftliche Problematiken.
RESANITA machen Kunst, die sich nicht nur als Spiegel des Weltleides präsentiert, sondern zugleich Lösungen offenbart, die die Menschen zum Umdenken anregen und zu einem Ausstieg aus der Tristesse ihres Lebens animieren.
TRANSPLANT oder „Welcome to downtown wasteland"
Im Juni 2013 führte das Projekt TRANSPLANT das steirische Künstlerinnenduo in neun Tagen nach Istanbul und retour. In insgesamt zwölf südosteuropäischen Staaten wurden Pflanzen entwurzelt und heimlich oder dank unermüdlicher Überzeugungsarbeit nach Österreich gebracht. „‘Transplant‘ ist ein politischer Reiseroman über die Geschichten von Entwurzelung und Gewalt, von Waren- und Menschenströmen am Beispiel unscheinbarer Wegrand-Pflanzen."
Barbara Jernej
Stand: April 2014
Dieser Text ist in Kooperation mit der KSG in der Ausgabe 120 (Mai 2014) der Grazer Kulturzeitschrift „80" erschienen.