Revolutionäre des Herzens
Weitermachen trotz jahrelanger Ignoranz – The Base haben sich über die Jahre zu einer verlässlichen Größe im kurzlebigen Musikbusiness entwickelt. Eine Hommage.
Mehr als zwei Jahrzehnte hat das Grazer Trio mit dem treffenden Bandnamen The Base nun schon auf dem steirischen Buckel. Und trotz einiger superber Alben haben die Mittvierziger noch immer den Status eines Geheimtipps. 1989 als Band mit der klassischen Besetzung Gitarre, Bass, Schlagzeug gegründet, galt die Band aus der steiermärkischen Landeshauptstadt lange Zeit als echter Hoffnungsträger im Genre Alternative-Rock mit Americana-Touch. 1996 veröffentlichte das Trio mit „Jet Crash Kills" seine erste E.P. und verfeinerte über die Jahre die Spielarten ihres Indie-Rock-Entwurfs. 2002 löste Albrecht Klinger (zuvor Bassist in Georg Altzieblers Band „Bloom05") Heinz Nussbaumer als Bassist ab und bildet seit damals zusammen mit Karlheinz Miklin jr. am Schlagzeug sowie Sänger und Songwriter Norbert Wally an der Gitarre das Stammpersonal des Grazer Trios. Im Laufe der Jahre gesellte sich eine breite Palette an zusätzlichen Instrumenten zur klassischen Rock-Trio-Besetzung; Mandolinen, Banjos, Geigen, Trompeten, Akkordeon, Klavier und sogar eine singende Säge sorgten für Vielfalt und Abwechslung in den Produktionen von The Base. Das Zentrum der Songs blieb aber immer Norbert Wallys sonore, ebenso rauchige wie brüchige, aber stets verführerisch-charismatische Stimme.
Einer der Songs von The Base hat den Titel „Sinking With Stones" - das Grazer Trio dagegen hat sich mit seinem mitunter einem mäandernden Flussverlauf gleichenden musikalischen Weg zwischen Indie-Rock, Americana, Folk, Ska und klassischem Singer-Songwritertum seit über zwei Jahrzehnten über Wasser gehalten und das auf ebenso sympathische wie authentische Art und Weise. Der kurzzeitige Hype der Medien- und Publikumsaufmerksamkeit war nie ihr vordergründiges Ziel; unbeirrt und souverän verfolgten die drei Musiker ihr Anliegen, ihre eigene Musik zu machen. Dabei vertrauen sie auf die Urkraft, die ein gewachsenes Bandgefüge idealerweise schafft: Geborgenheit und Aufrichtigkeit. So zählt für Norbert Wally auch die Tatsache, dass die Bandmitglieder sich nach den vielen Jahren noch immer so gut verstehen, zu den größten Erfolgen von The Base.
Unabhängig von der Außenwelt
Das Weitermachen trotz der jahrelangen Ignoranz durch die breite Öffentlichkeit ist wohl ein wenig der steirischen Sturheit geschuldet und ließ der Band die Zeit für eine kontinuierliche Entwicklung. „So richtig gute Alben machen wir erst seit einigen Jahren. Wir hatten Zeit genug, um alle Fehler machen zu können, die nötig sind, um gut zu werden." (Norbert Wally) „Tested Under Extreme Conditions", der Titel ihres Albums aus dem Jahr 2012, war lange Zeit auch Programm und beschreibt auf treffende Art den Bandalltag. Die extremen Bedingungen, unter denen das Grazer Trio seit über zwanzig Jahren mit Leidenschaft und Können an ihrem Projekt arbeitet und die Unwägbarkeiten des Musikbusiness mit Gleichmut erduldet, ringt Respekt ab. Konzerte vor drei, vier Besuchern oder Auftritte in gewöhnungsbedürftigen Kellerlokalen - das Indie-Rock-Trio war sich auf seinen Konzerttouren für keine Spelunke und kein Dorffest zwischen Kumberg, Pitten, Ragnitz oder Krummnußbaum zu schade. Mit Bravour vermieden The Base das, was vielen in solchen Situationen und Lebensphasen passiert: Nie drifteten sie in Selbstmitleid ab oder fühlten sich vom Schicksal ungerecht behandelt. Wohl auch deshalb, weil sie nie einen direkten Zusammenhang zwischen der Qualität ihrer Alben (Konzerte) und dem Erfolg, den sie hatten, sahen.
Die eigentliche Botschaft der Grazer Indie-Rock-Haudegen ist die Unabhängigkeit von der Außenwelt. Diese selbstbewusste und gar nicht österreichische Haltung - kein Jammern und Hadern - zeitigte im Laufe der Jahre Erfolg und verschaffte The Base über die Landesgrenzen hinaus Wertschätzung und Anerkennung. Eine Wertschätzung und Anerkennung, die auch den letzten beiden Alben der Grazer Band geschuldet ist. „Tested Under Extreme Conditions" und „Secret Seconds Thoughts" betreiben eine Form der musikalischen Wurzelkunde, die Gitarrenrock, Folk, Ska und Americana aufs Stimmigste miteinander verknüpft und neben atmosphärisch-düsteren Balladen auch mit lebensbejahenden, „good vibrations"-Songs zu überzeugen vermag. Die Band pflegt auch auf diesen zwei Alben mit großer Lust und Spielfreude ihre musikalischen Vorlieben und überrascht mit einer Stilvielfalt, die sich auch in Instrumentierung und Arrangement bemerkbar macht. Norbert Wallys Stimme ist unverwechselbar wie immer, die Melodien und Texte ergänzen sich perfekt - in ihrer Dichte und Dringlichkeit zählen diese zwei Alben zu den überzeugendsten österreichischen Veröffentlichungen der letzten Jahre.
Der kommerzielle Erfolg blieb bisher trotzdem äußerst bescheiden, was das Trio aus Graz wohl kaum anficht. Ist doch jeder ihrer Songs ein kleiner Revolutionsgesang, der allen Revolutionären des Herzens gewidmet ist. So werden Norbert Wally, Albrecht Klinger und Karlheinz Miklin jr. wohl weitere Jahre in Studios und auf Bühnen - seien das nun Gasthäuser, Scheunen, Clubs, Kellerlokale, Konzertsäle oder das Burgtheater - verbringen und mit ihrer Musik Trost spenden, für Glücksmomente sorgen und zur temporären Daseinsverschönerung beitragen.
www.the-base.at
Heimo Mürzl
Stand: November 2013