„Schmuck zu machen ist ein Privileg in der Gesellschaft“
Der Feinmechaniker und Goldschmied Wolfgang Löffler wagt den Sprung in die Schmuckkunst, die für ihn ein breites und offenes Experimentierfeld ist.
„Mich hinsetzen und warten, was von meinem Inneren nach außen kommt, kann ich nicht", deutet der aus Innsbruck stammende Künstler seine Arbeitsweise an. Für ihn ist der Input von außen wichtig. Sein Arbeitsprozess ist inspiriert von den Menschen, die ihn umgeben - ein anregendes Gespräch unter FreundInnen bei einem Bier beispielsweise, daraus ergäbe sich alles Mögliche und das meistens auch noch spontan: „Mein kreativer Prozess beruht auf Missverständnisse im positiven Sinne". Hinzu kommt sein Humor für die Arbeit - jedes seiner Werkstücke beinhaltet einen Moment des Augenzwinkerns, des Schmunzelns oder auch der feinen Ironie. Löffler hat mit seiner Kollegin Lisa Liska ein außergewöhnliches Collier als Schmuckstück für den Mann kreiert: „Erithacus rubecula" - ein schlauchartiges Gebilde aus rotem Silikon, das um den Hals gelegt wird, aber jeweils unter den Achselhöhlen eines Mannes endet. Dort befinden sich zwei Blasbälge. Wird der schmucktragende Mann durch den Anblick einer schönen oder besonderen Frau aufgeregt, kann er durch rasches Auf- und Abbewegen der Arme das Collier mit Luft befüllen, dadurch bläht es sich auf. Der Mann macht auf sich aufmerksam. Löffler überrascht auch mit seiner intellektuellen Sicht über Schmuck: „Schmuck ist an und für sich total unwichtig. Er ist ein Luxus, wir brauchen ihn nicht zum Leben." Für ihn ist die Möglichkeit der Herstellung von Schmuck ein Privileg in der Gesellschaft. „Ich bin dankbar, dass ich diese Möglichkeit bekommen habe".
Löffler ist gelernter Feinmechaniker, die Lehre zum Gold- und Silberschmied hat er erst später absolviert. Sein beruflicher Werdegang liest sich abwechslungsreich: Holzinstrumentenbauer, Produktionsassistent im künstlerischen Bereich, Sargträger, Produktionsleiter bei Erwin Wurm ... Bis er an der Grazer Meisterschule für Kunst und Gestaltung, Ausbildungszweig Metallgestaltung, aufgenommen wurde, hatte er rund 21 verschiedene Jobs inne. Sein Entschluss, sich endgültig auf die Kunst zu konzentrieren, kam bei seinem letzten Job als Feinmechaniker bei der AVL: „Ich hatte das Gefühl, ich renne gegen eine Glaswand, und ich weiß nicht, wohin es geht." Seit seinem Abschluss der Meisterschule im Sommer 2011 ist er offiziell - also auch versicherungstechnisch - ein bildender Künstler: „In der Kunst bin ich glücklich".
Sein philosophischer intellektueller Zugang zur Schmuckkunst gipfelt in seinen Produkten: Schmuckkunst ordnet sich in die bildenden Künste ein, weil sie gleichermaßen Objekt wie Schmuck seien: „Schmuck wird zum Schmuck, wenn er getragen wird. Liegt er so da, kann er auch ein reines Objekt sein." Der Schmuckkünstler besteht auf die Einzigartigkeit seiner Objekte. Zudem liegt den Arbeiten immer ein Gedanke oder ein Konzept zugrunde: „Die Arbeit des klassischen Goldschmiedes genügt sich selbst, die des Künstlers nicht".
Löffler experimentiert nicht nur im Formalen, sondern auch im Inhaltlichen. Er verwendet dazu viele Materialien, seine Wurzeln liegen im Metall. Die fein abgestimmte Komposition macht seine höchst individualisierte Arbeit außergewöhnlich. Sein nächstes Experiment heißt „Schmuckes", ein Atelier und Verkaufsraum am Grazer Mariahilferplatz, den Löffler mit den zwei Schmuckkünstlerinnen Doris Fuchs und Katja Sauter betreibt: „Bis jetzt habe ich herumgewurschtelt, jetzt habe ich das Gefühl, in Graz angekommen zu sein". Im „Schmuckes" will er aber nicht nur seinen Arbeiten einen entsprechenden Platz geben, sondern auch andere KünstlerInnen ausstellen. Die Idee der Schmuckperformances verfolgt ihn auch noch. Seine Arbeiten sollen in Aktion und in Aktionen präsentiert werden. Und wenn Löffler noch weiter denkt, möchte er in seinem „Schmuckes" auch einen Schmuckverleih integrieren.
Petra Sieder-Grabner, April 2012