Zwischen Musical und Oper
Sopranistin Sieglinde Feldhofer glänzt in den unterschiedlichsten Rollen.
„Musik war immer schon ein Teil meines Lebens, mein Lebenselexier, genauso wichtig wie Nahrung. Bei uns zu Hause gehörte Musik einfach zum Alltag. Außerdem hat meine Mutter immer gesungen, in der Küche, im Bad, beim Bügeln. Das habe ich dann gleich übernommen", schildert die junge steirische Sopranistin Sieglinde Feldhofer ihren unverkrampften Bezug zur Musik. Sie stammt aus St. Kathrein am Hauenstein und studierte Gesang an der Grazer Kunstuniversität. Ausgebildet wurde sie von Annemarie Zeller und Gitta Gänsel-Gabriel, es folgten Meisterkurse bei Mieke van der Sluis und Gary Magby. In dieser Zeit wirkte sie nicht nur an Aufführungen der Kunstuniversität („Wildschütz", „Hänsel und Gretel") mit, sondern war auch in der Uraufführung von Viktor Fortins Oper „Franz Jägerstätter" sowie im Next Liberty als Peter Pans Wendy zu sehen.
Bereits mit Anfang Zwanzig trat sie in der Grazer Oper unter anderem als Papagena und Eliza in „My Fair Lady" auf, doch die erste große „eigene" Premiere war „Sound of Music", wo sie als Maria der umjubelte Mittelpunkt der Aufführung war. Ein ziemlicher Gegensatz zum zuckersüßen Musical war die Arbeit mit Peter Konwitschny an seiner „Cardasfürstin", die im Ersten Weltkrieg spielt und die Operettenseligkeit in scharfen Kontrast zu den Kriegsgräuel stellt. Mit Konwitschny ein Stück zu machen, sei für sie „erfüllend" gewesen, so Siegliende Feldhofer. „Die Arbeit war wahnsinnig intensiv und für mich als Künstlerin prägend". Ebenso sei es ihr mit Regisseur Johannes Erath bei seinem „Don Giovanni" gegangen, wo sie als Zerlina mitwirkte. Die Arbeit mit einem Regisseur sei immer eine sehr persönliche Sache,: „Die Chemie muss stimmen. Man muss sich öffnen und Gefühle zeigen können. Wenn man eine Persönlichkeit vor sich hat, die einen inspiriert und das Beste aus einem herausholt, kann man auch selbst Höchstleistungen erbringen", erklärt die Sängerin.
Den Spagat zwischen Oper, Operette und Musical schafft Sieglinde Feldhofer derzeit mühelos. „Es ist schön für mich all diese Bereiche abdecken zu können. Ich kenne einige ausländische Kollegen, die sehr gerne Operette machen würden, aber leider oft aufgrund ihres Akzentes nicht engagiert werden. Ich sehe es als großes Privileg, all das machen zu dürfen. Natürlich muss man auch ein wenig aufpassen, es ist schwer, an einem Abend Musical und am nächsten Abend Oper zu singen. Das erfordert sehr viel Disziplin und eine ausgewogene Technik."
Nicht nur eine gute Gesangstechnik ist für eine Sängerin wichtig, auch eine gewisse psychische Stabilität ist gefordert: „Als Künstler ist man sensibel, auf der Bühne muss man Gefühle transportieren, offen sein, das Innerste nach Außen kehren. Dadurch bietet man aber natürlich auch eine große Angriffsfläche. Abseits der Bühne muss man sich schon eine harte Schale zulegen. Wenn man es nicht schafft, mit Kritik und Konkurrenzkampf umzugehen, wird man es schwer haben in diesem Job."
Die Saison 2011/12 ist vorläufig in erster Linie der Operette und dem Musical gewidmet. Siegliende Feldhofer wird in der Volksoper in „Wiener Blut" als Franziska Cagliari auf der Bühne stehen, um dann in Graz „Walzertraum" zu spielen. Ebenfalls an der Grazer Oper wartet auch noch die Titelrolle in der Musicalproduktion „Gigi". Trotz der rasanten Karriere und der andauernden Erfolge schafft es die junge Künstlerin, auf dem Boden zu bleiben: „Ich glaube, das Wichtigste ist, neben diesem Beruf ein Umfeld zu haben, das einen in der Realität bleiben lässt. Die Scheinwelt kann niemals echte Liebe und Geborgenheit ersetzen. Ich lebe in dem Bewusstsein, dass es neben der Bühne auch noch etwas Anderes gibt. So habe ich es letztes Jahr geschafft, mit meinem Freund zwei Wochen nach Peru zu reisen. Aus solchen Reisen kann ich wieder viel Kraft und Kreativität für den Beruf ziehen."
Karin Zehetleitner, Juni 2011