Keramik gewordener Punk auf Film
Egal ob in der Skulptur, in der Performance oder im Film: Leon Höllhumer verfolgt in seiner Kunst eine radikal offene, improvisierte Ästhetik.
„Ich mag es trashig, punkig und spontan. Die Grundidee darf ruhig lange reifen, aber das Ergebnis soll wirken, als wäre es ganz leicht gemacht", sagt Leon Höllhumer. Der Künstler, Jahrgang 1986, verbindet seinen künstlerischen Ansatz bewusst mit einer tiefen körperlichen und psychologischen Erfahrung, die ihren Ursprung vielleicht auch in seiner frühen Ausbildung zum Masseur hat. „Diese intensive Beschäftigung mit Körperlichkeit und dem Menschlichen hat mich definitiv geprägt", meint er.
Aufgewachsen in Graz, prägten ihn früh immersive künstlerische Erfahrungen im Rahmen des "steirischen herbst" wie etwa eine Aufführung von La Fura dels Baus oder eine Mitwirkung in einer Inszenierung von Christoph Schlingensief am Schauspielhaus Graz, wo Höllhumer als Mitglied einer Jugendblaskapelle mitwirkte. "Ich habe erst Jahre später realisiert, wer das überhaupt war", lacht er heute.
Nach seiner Massagelehre zog Leon Höllhumer nach Wien und studierte ab Mitte 20 an der Akademie der Bildenden Künste in der Klasse von Ashley Hans Scheirl, machte für eine Keramik-Klasse aber auch einen Ausflug an die Angewandte. Ursprünglich kam er über die Fotografie zur Kunst: „Fotografie funktioniert relativ schnell - das Bild ist sofort da, sobald man den Auslöser drückt", sagt Höllhumer, der seine fotografischen Arbeiten stets inszeniert und psychologisch aufgeladen gestaltet. Eine intensive, symbolträchtige Porträtserie mit dem Autor Ferdinand Schmalz entstand aus einer langen Zusammenarbeit und Freundschaft.
Performative, skulpturale Ausdrucksformen
Sein künstlerischer Fokus entwickelte sich jedoch mit der Zeit weiter vom statischen Bild hin zu performativen und skulpturalen Ausdrucksformen. Die auf Hochglanz präsentierte Fotografie stand dabei oft im Widerspruch zu seinem punkigen Ansatz, weshalb er zunehmend auf direktere, spontanere Medien auswich. Die Ausstellung "Sensitive Speed Beast" 2017 in der Schweiz markierte für ihn den Wendepunkt, als er erstmals Metallobjekte und Skulpturen zeigte. Fortan verband er diese skulpturalen Objekte mit Performances.
Keramik wurde schnell zu seiner zentralen Ausdrucksform: „Keramik erlaubt es mir, Prothesen und Skulpturen zu entwickeln, die am Körper zur Skulptur werden", so Höllhumer. Es sind Nasen, Brüste oder ganze Gliedmaßen, die sich wie eine zweite Haut zwischen Performer bzw. Performerin und Kameralinse schieben und groteske Bilder erschaffen. Dabei experimentiert Höllhumer bewusst mit der Frage, ob Skulpturen nur im Moment ihrer Performance existieren oder ob sie als autonome Kunstwerke auch allein bestehen können.
Kollaborationen spielen für ihn dabei eine zentrale Rolle: So arbeitete er eng mit Performerin Annina Machaz, Choreografin Florentina Holzinger und Musikerin Karolina Preuschl zusammen, etwa in seinen Kurzfilmen "Parrot Parent" und "Sandras WG". Die Performances, die parallel oft fotografiert und gefilmt werden, geraten durch Live-Musik und das Spiel der Darstellerinnen und Darsteller zu multimedialen Spektakeln.
Die im Frühjahr 2025 absolvierte Residency des Landes Steiermark in Athen ermöglichte ihm, sich auf das Medium Aquarell zu konzentrieren. Hier entstand eine Serie minimalistischer, schnell ausgeführter Skizzen, die für ihn sowohl experimentelle Werkserie als auch persönlicher „therapeutischer Prozess" waren: „Die Möglichkeit, zwei Monate sorgenfrei zu arbeiten, war extrem bereichernd - eine Massage für die Psyche."
Zur Website von Leon Höllhumer
Sonja Harter
Juli 2025