Musikmachen als Haltung
Der Musiker und Label-Chef Gabriel Schmidt verknüpft die Verbundenheit zur regionalen Herkunft mit einer Offenheit für Neues und Alternatives.
„Du darfst nicht im Immergleichen stecken bleiben." - Gabriel Schmidt
„Ich habe eigentlich sehr spät begonnen, mich für Musik zu interessieren", erklärt mir Gabriel Schmidt anlässlich eines Treffens in Wies. Der 1991 in Graz geborene und in Großklein der Weststeiermark lebende Musiker ist Mitglied der Bands „Jigsaw Beggars", „Kingsized Bastards", hat unter dem Namen „Van Mojo & The Ponystress Ensemble" auch schon ein Solo-Album veröffentlicht und ist seit knapp zwei Jahren Chef beim steirischen Independent-Label Pumpkin Records.
Eher zufällig wurde er im Alter von 14 Jahren Mitglied im Chor des BG/BRG Leibnitz und erlernte dort nicht nur die Grundbegriffe der Musik, sondern fand über das gemeinsame Singen neue Freunde kennen, die in lokalen Coverbands spielten. Während einer Chorprobe steckte ihm ein Chormitglied einen Zettel zu: Eine dieser Bands suchte eine Sänger. Gabriel ergriff die Chance und setzte so den ersten Schritt in Richtung Musikmachen. Dem sollten sehr bald weitere folgen.
Bald nach diesen Anfängen entstand der Wunsch, selbst eine Band zu gründen und mit eigenem Songmaterial aufzutreten. Mit der Band „Hat Rot Jam" - der Bandname verweist auf die musikalischen Vorbilder „Red Hot Chilli Peppers" - erfüllte sich dieser Traum und gipfelte mit der EP „Gettin´ Wet" auch in einer ersten Veröffentlichung. Der Raum Leibnitz wurde bald zu klein für die romantischen Vorstellungen von einer Karriere als Musiker. Graz war der nächste logische und mögliche Schritt. Beim Studieren lernte Gabriel Schmidt die Brüder Johann und Julian Zuschnegg kennen und gründete mit ihnen zusammen die „Kingsized Bastards". In den Anfangszeiten trafen sich die drei Musiker regelmäßig in ihrem Stammcafé im Univiertel, packten ihre Instrumente aus und spielten sogenannte Wohnzimmerkonzerte. Graz wurde ebenso zum Dreh- und Angelpunkt der musikalischen Entwicklung von Gabriel Schmidt, wie der Austausch und die Zusammenarbeit mit befreundeten Musikern.
Musik als Haltung
Gabriel Schmidt erzählt mir, wie sich im Lauf der Zeit der Blick auf das Musikmachen, vor allem aber auf den Musikbetrieb verändert hat. „Es wird einem bewusst, dass die anfänglichen, von Romantik und Euphorie getriebenen Vorstellungen nur wenig mit der Realität zu tun haben. Und Schritt für Schritt befreit man sich vom Zwang, etwas Bestimmtes beweisen zu müssen." Das erfolgreiche Album, die perfekte Single oder eine Chartplatzierung sind nicht mehr die vorrangigen Ziele des Musikers Gabriel Schmidt. „Es geht mir einfach darum Musik zu machen, den Geist des Rock´n´Roll zu spüren, Alben zu produzieren und Konzerte zu spielen, auf die wir stolz sein können. Und wenn jemand unsere Musik mit Freude hört und spürt, haben wir eigentlich schon etwas sehr Schönes erreicht." Das Nebeneinander von Beruf (Schmidt arbeitet als Volksschullehrer), Familie und Musikmachen hat den Blick auf das Musikbusiness geschärft und verändert. Die Leidenschaft für die Musik und die Begeisterung das Musikmachen sind aber geblieben. „Das konstante Tun ist mir ebenso wichtig wie der permanente Austausch und das konstruktive Miteinander zwischen den Bandmitgliedern. Zusammen Musik zu machen und dabei im Moment zu sein - das schätze und genieße ich sehr."
Folk, Krautrock & Britpop
Wenn man Gabriel Schmidt danach fragt, welche musikalischen Vorbilder ihn geprägt und sein musikalisches Schaffen beeinflusst haben, dann antwortet er ohne Zögern mit der Aufzählung folgender Bands und Künstler: die Rolling Stones - der Bandname „Jigsaw Beggars" bezieht sich auf das Rolling Stones-Album „Beggars Banquet" - Creedence Clearwater Revival, die Doors, Karen Dalton, Kris Kristofferson, Neil Young, Can, Popol Vuh und das Brian Jonestown Massacre. Wobei er aber betont, dass es sehr wichtig sei, interessiert zu bleiben, immer die Ohren offenzuhalten und bereit zu sein, Neues zu entdecken und in das eigene Musikmachen einfließen zu lassen. Auf die Frage, ob er sich in Zukunft nicht auf eine Band oder sogar auf eine Solo-Karriere konzentrieren wolle, meint Gabriel Schmidt: „Ich liebe die Vielfalt in meinem musikalischen Schaffen. Neben meinen aktiven Bands, dem Soloprojekt, der Zusammenarbeit mit Wolfgang Pollanz mit der Konzertreihe ‚Songs & Stories‘, bereite ich gerade ein Album mit deutschsprachigen Songs vor, das unter dem Projektnamen ‚Gabriel Gustav Braun‘ veröffentlicht werden soll. Mir ist es wichtig, nicht im Immergleichen steckenzubleiben."
Das Thema Freunde und Freundschaften erwähnt Gabriel Schmidt auch, wenn man ihn darauf anspricht, was er mit seiner Musik erreichen will. „Ich habe mit unterschiedlichen Bands und als Solokünstler schon einige Alben veröffentlicht. Mit den „Jigsaw Beggars" durfte ich als Support zusammen mit dem Moon Duo, den Dandy Warhols, dem Brian Jonestown Massacre und der großartigen Kim Gordon einen Konzertabend teilen. Und wenn der große kommerzielle Erfolg auch nie eintreten möge, sehe ich das ganz gelassen. Ich hatte und habe auf jeden Fall eine sehr gute Zeit mit meinen Freunden und wir haben mit Freude und Leidenschaft zusammen Musik gemacht, die nicht ganz ungehört blieb."
Label-Chef von Pumpkin Records
Vor mittlerweile knapp zwei Jahren hat Gabriel Schmidt Wolfgang Pollanz als Chef des steirischen Independent-Labels Pumpkin Records abgelöst. „Ich will Pumpkin Records im Sinne meines Vorgängers als ambitioniertes Kleinlabel für Erstveröffentlichungen, Geheimtipps und regionale Größen weiterführen und dabei die Verbundenheit zur regionalen Herkunft mit der Offenheit für Neues, Alternatives und Experimentelles verknüpfen."
Weiterentwicklung heißt immer auch Veränderung und so bringt Gabriel Schmidt auch eigene Ideen mit und setzt auf leichte Veränderung. Er plant pro Jahr zwei, drei Veröffentlichung weniger zu machen, um die Presse- und Vertriebsarbeit zu optimieren und die bei Pumpkin Records veröffentlichten Bands und Künstler nachhaltig unterstützen zu können. Darüber hinaus soll der Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen Kleinlabels intensiviert werden. Angedacht sind auch ein Jahresabo für Label-Veröffentlichungen, das ermäßigte Konzerttickets inkludiert. Die größere Live-Präsenz des Labels und seiner Künstler ist Gabriel Schmidt ein besonderes Anliegen. Im Atelier im Schwimmbad in Wies gibt es die Konzertreihe „Schwimmbadrauschen", und einmal im Jahr soll es ein Festival geben - mit Konzerten in der Schlosstenne Burgstall, Workshops und einem abschließenden DJ-Set im Atelier im Schwimmbad.
Diskografie:
- Hot Road Jam - Gettin' Wet EP (2012)
- Kingsized Bastards - Kingsized Bastards 7" (2014)
- Jigsaw Beggars - Ascona 7" (2017)
- Jigsaw Beggars/persons from porlock - Tomorrow's Ration Of Dreams Split (2019)
- Kingsized Bastards - Tropical Thunder (2021)
- Jigsaw Beggars - Ain't My Time For War (2022)
- Van Mojo and The Ponystress Ensemble - Soundtrack Of A Freak Year (2022)
- Jigsaw Beggars - Ain't My Time For War - The Demos (2024)
Zur Website von Pumpkin Records
Heimo Mürzl
August 2025