KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM STEIERMARK: JOCHEN GERZ
ICH SIGFRIED UIBERREITHER LANDESHAUPTMANN
Heute, Dienstag 09. Dezember 2008, wurde direkt vor Ort beim Grazer Burgtor, Jochen Gerz' dauerhafte Installation Ich Sigfried Uiberreither Landeshauptmann von Landeshauptmann-Stv. Kurt Flecker im Beisein des Künstlers eröffnet. In die Bogenlaibung des Burgtors wurde ein Text eingeschrieben, den der Künstler dem ehemaligen Landeshauptmann und NS-Gauleiter der Steiermark, Sigfried Uiberreither, in den Mund legt.
WERNER FENZ (Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark), erläuterte eingangs, warum sich die PassantInnen dieser „Inschrift" der besonderen Art nicht entziehen können. „Dieses ,Denkmal' ist nicht, wie es Robert Musil formuliert hat, gegen Aufmerksamkeit imprägniert." JOCHEN GERZ selbst bedankte sich für den „späten Auftrag zum Gedenken". 63 Jahre danach komme es für die Meisten Opfer zu spät, aber: „Die Erinnerung schützt vor den Gefahren des Neuen." Der ehemalige Gauleiter Uiberreither spreche in dem ihm in den Mund gelegten Text, „schamlos die an, die sich seiner Macht mehr schämen als ihrer eigenen Ohnmacht." Landeshauptmann-Stv. KURT FLECKER freute sich sehr, dieses Werk, das Zivilcourage als Selbstverständlichkeit fordere, anlässlich des Tags der Menschrechte zu eröffnen. Flecker: „Es möge uns stärken".
In der Bogenlaibung des Grazer Burgtors eingeschrieben stellt der NS-Landeshauptmann und Reichsstatthalter von Steiermark Sigfried Uiberreither (1908 - 1984) Fragen. Fragen, die ihn der Künstler Jochen Gerz an die Passantinnen und Passanten richten lässt. Ort dieser dauerhaften Installation ist der heutige wie damalige Sitz des Landeshauptmanns. Es sind Fragen eines nationalsozialistischen Täters zur Komplizenschaft und zum Schweigen der Anderen, der Mehrheit nicht nur damals in der Zeit der Verbrechen sondern auch danach. Er sagt: „Ohne euch wäre ich nicht Sigfried Uiberreither geworden."
LH-Stv. Kurt Flecker: „Es war höchste Zeit für dieses Mahnmal. Ich bin stolz, dass wir diesen Schritt heute gehen und danke dem Künstler Jochen Gerz für seinen prägnanten Entwurf. Erinnern ist der Grundstein für die Zukunft, gerade 2008 erinnern wir uns an den Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland im Jahr 1938, der unsere gesellschaftliche Entwicklung grundlegend beeinflusst und nachhaltig verändert hat. 70 Jahre nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Österreich sind wir wieder einmal gefordert, unser heutiges Wissen und unsere Urteilsfähigkeit über dieses Faktum und seine Folgen zu prüfen."
Jochen Gerz' Arbeit Ich Sigfried Uiberreither Landeshauptmann ist Startpunkt einer Reihe von öffentlichen Arbeitsprozessen, die der Künstler unter dem Titel 63 Jahre danach zum Thema der Verdrängung initiiert - Arbeitsprozesse, die mit Hilfe und durch Beteiligung der steirischen Öffentlichkeit entstehen und deren Ergebnis an vielen Orten der Steiermark gleichzeitig sichtbar wird. „Dieses Mahnmal ist der Start eines groß angelegten langfristigen Projekts, das eine öffentliche Diskussion über den ‚Missbrauch der Macht' auslösen soll." So Kulturreferent LH-Stv. Kurt Flecker. Das Projekt 63 Jahre danach fordert nicht nur „die Erinnerung" an den Nationalsozialismus heraus - die Zeit der ZeitzeugInnen geht zu Ende - es zeigt eine Kultur, die dem Tun und Erleben jedes/er Einzelnen die reale öffentliche Bedeutung gibt.
Flecker: „Besonders erfreulich an diesem Projekt ist der einstimmige Landtagsbeschluss, durch den das Institut für Kunst im öffentlichen Raum beauftragt worden ist."
Beispielhaft für die Steiermark und darüber hinaus ist diese Gedenkarbeit an die Opfer und Täter bzw. Täterinnen des Nationalsozialismus, die 2008 auf einstimmige Initiative des Landtag Steiermark und als Beschluss der Landesregierung zustande gekommen ist.